Erziehung durch beide Elternteile

Eltern

Mit dem in Artikel 18 Absatz 1 der UN-Kinderrechtskonvention bekräftigten Grundsatz der Verantwortlichkeit beider Elternteile für die Erziehung und Entwicklung des Kindes übernimmt das Übereinkommen einen Standard, der bereits in anderen Vertragswerken zum Schutz der Menschenrechte verankert ist. Insoweit ist z. B. auf Artikel 23 Abs. 4 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (UN-Zivilpakt) zu verweisen, wonach die Ehegatten „während“ und „bei Auflösung der Ehe“ gleiche Rechte und Pflichten haben müssen. Bei den Verhandlungen zu Art. 18 Abs. 1 der UN-Kinderrechtskonvention wurde dabei vor allem auf das Vorbild des Artikels 5 Buchstabe b des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (UN-Frauenrechtskonvention) verwiesen.1

Danach treffen die Vertragsstaaten jenes Übereinkommens alle geeigneten Maßnahmen, „um sicherzustellen, daß die Erziehung in der Familie zu einem richtigen Verständnis der Mutterschaft als einer sozialen Aufgabe und zur Anerkennung der gemeinsamen Verantwortung für Mann und Frau für die Erziehung und Entwicklung ihrer Kinder beiträgt, wobei davon ausgegangen wird, daß das Interesse der Kinder in allen Fällen vorrangig zu berücksichtigen ist.“

Artikel 18
(1) Die Vertragsstaaten bemühen sich nach besten Kräften, die Anerkennung des Grundsatzes sicherzustellen, daß beide Elternteile gemeinsam für die Erziehung und Entwicklung des Kindes verantwortlich sind. Für die Erziehung und Entwicklung des Kindes sind in erster Linie die Eltern oder gegebenenfalls der Vormund verantwortlich. Dabei ist das Wohl des Kindes ihr Grundanliegen.

Absatz 1 Satz 1 der UN-Kinderrechtskonvention soll die Eltern gegen den ausufernden Eingriff des Staates schützen und auch zum Ausdruck bringen, daß die Eltern nicht auf einen staatlichen Eingriff warten dürfen, weil die Erziehung und Entwicklung ihrer Kinder vorrangig in ihre Verantwortung fällt.2 Innerstaatlich entspricht dem die Garantie des Elternrechts in Artikel 6 Abs. 2 Satz 1 GG: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“

Artikel 18 Absatz 1 der UN-Kinderrechtskonvention begründet nach überwiegender Ansicht keine völkerrechtliche Verpflichtung, den Grundsatz gleicher Elternverantwortlichkeit für die Erziehung und Entwicklung des Kindes auch für nichteheliche Kinder einzuführen sowie für solche, deren Eltern dauernd getrennt leben oder geschieden sind. Aus der Entstehungsgeschichte und aus dem Zusammenhang der Bestimmung mit den Parallelgarantien in Artikel 23 Abs. 4 des UN-Zivilpaktes und Artikel 5 Buchstabe b der UN-Frauenrechtskonvention ergibt sich vielmehr, daß der „Grundsatz“ der gemeinsamen Elternverantwortung uneingeschränkt nur für die intakte Ehe verwirklicht werden kann. Für alle anderen Fälle — wie beispielsweise im Scheidungsfall, bei dauerndem Getrenntleben der Ehegatten und bei nichtehelichen Kindern — sind die Vertragsstaaten nicht daran gehindert, insbesondere für das Sorge- und Umgangsrecht die Regelungen zu treffen, die durch das Interesse des Kindes geboten erscheinen (vgl. Artikel 3 Abs. 1 der UN-Kinderrechtskonvention).

  1. UNO-Dokument E/CN.4/L.1560/Add.14 vom 11. März 1981, TZ 85[]
  2. vgl. UNO-Dokument E/CN.4/L 1560/Add.14 vom 11. März 1981, S. 17 TZ 89[]